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Der Deutsche Correspondent, 6.3.1872, Seite 2 -
In Easton, Penns., starb letzte Woche der in 1787 in Neuwied geborene, in 1835 nach dem Ver. St. ausgewanderte, wohlbekannte alte Bürger J. E. Siegert. Des Verstorbenen Erinnerungen reichten zurück bis zur Zeit, als die Franzosen unter Cüstine den Rhein überschritten und es war ihm vergönnt, mit einem fast jugendlichen Enthusiasmus, die großen Ereignisse von 1870 und 1871 zu begrüßen. Der Befreiungskrieg gegen Napoleon I. hatte sein ganzes Wesen mit jener Begeisterung getränkt, die aus Körner. s Liedern sprühte. Er rieß sich damals aus angenehmen Verhältnissen los, um als Freiwilliger den Feldzug von 1815 mitzumachen und nahm an der Schlacht von Waterloo Theil. Die bitteren Enttäuschungen der reaktionären Zeit ließen ihn nicht gleichgültig; er war von Spionen der Regierung als Freigesinnter bekannt und wurde mehr als einmal in Untersuchung gezogen. Bald nach dem Hambacher Feste entschloß sich Herr Siegert, dem Unheil, das seine häusliche Ruhe und seinen Wohlstand fortwährend bedrohte, aus dem Wege zu gehen, und er wanderte mit seiner zahlreichen Familie nach Amerika aus. Zuerst in New York, seit 1844 in Easton, führte er ein äußerst thätiges Leben und brachte es zu erheblichem Wohlstande. Ein Schlagfluß endete sein Leben. Vor wenigen Wochen schrieb er an einen Freund: "Ich habe bei den kurzen Tagen in meinen Nerven und auch im Kopfe so schläfrig gespürt - ich hasse die Aussicht auf Schlagfluß-Complimente; ich will lieber abschwächen und sterben.- Hätte er noch anderthalt Jahre länger gelebt, so dürfte er seine goldene Hochzeit gefeiert haben; seine hinterlassene Wittwe erfreut sich einer kräftigen Gesundheit. |
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Fundort: Baltimore |
Quelle: Der Deutsche Correspondent, Ausgabe 6.3.1872, Seite 2 |
Einsteller: Rainer Doerry 
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